Chichibu Wanderung

Es hieß, dass die Regenzeit rechtzeitig zum Wochenende ein Ende finden sollte. Da Arnauds Rad kaputt ist, haben wir beschlossen ne zwei Tages Wanderung zu machen. Wir haben schließlich Sonne bestellt und uns eine Schöne Tour rausgesucht. Die Wettervorhersage war entsprechend unserer Wünsche. – Sachen gepackt, Eventualitäten durchdacht und am Vorabend nochmal in die Wetterapp geschaut. Gut – Regen bis 12 Uhr. Laut Zugverbindung sollten wir eh erst gegen 10 irgendetwas ankommen. Passt!

Wir haben um 5 Uhr in der Früh die Dorms verlassen. Beide mit quasi keinem Schlaf (Semi-ideal… rückblickend vielleicht Fahrlässig). Während der Zugfahrt haben wir viel Regen gesehen und je weiter wir uns von Tokio entfernten wurde das Land grüner und grüner.

Um 10:30 Uhr sind wir am Mitsumine Schrein angekommen. Hätte eine unglaublich schöne Szenerie sein können, wenn trotz Regens nicht so viele Touristen dort gewesen wären. Haben uns kurz umgeschaut und sind dann von nem kleinen Trampelpfad hinter dem Schrein auf unseren Wanderweg.

Zu unserer Vorbereitung:

Am letzten Donnerstag und Freitag waren Feiertage. Die Wettervorhersage sah endlich gut aus. Perfekt, also doch noch was unternehmen am (letzten) Wochenende in Japan. Die Überlegung war zwischen Kyoto und ner Wanderung. Haben dann nach Wanderungen in den Japanischen Alpen gesucht. War allerdings nicht so leicht, ne schöne zwei Tages Tour zu finden. Kurz bevor wir uns für Kyoto (als Backup) entschieden haben hat Arnaud noch einen Blogpost gefunden, der ne schönen Tour dokumentiert hat. Zelt haben wir aus dem Labor genommen. Ein schönes 8-Mann-Zelt ohne Regenschutz. Aber den sollten wir laut Wetterbericht eh nicht brauchen. Taschen gepackt. Früh ins Bett gegangen. Nicht geschlafen. Im FamilyMart tausend Proteinriegel und ne Flasche Wein gekauft und los.

Die Tour:

Der Wanderweg war unglaublich schön. Alle ein bis zwei Kilometer hat sich der Untergrund gewandelt, dass es nicht monoton werden konnte. Mit dem leichten Regen am Anfang wirkte der Weg mystisch und war wunder schön!

Steigung im Grün
Wurzelformation mit Abhang

Wir sind bei etwa 1000 Meter Höhe gestartet. Der Gipfel, bei dem Wir Übernachten wollten, liegt bei 2000 Meter. Zwischen dem Start und dem Ziel mussten wir relativ viele Gipfel überwinden = also viel hoch und runter.

Gegen Mittag klärte sich der Himmel etwas. Der Regen hörte auf und wir hatten schöne Aussicht auf das Wolkenmeer unter uns.

Wolkenmeer

Wir hatten das Gefühl, dass die Sichtweite über den Wolken enorm war. Vielleicht also später auf dem Gipfel mit freier Sicht auf Fuji-San? – Nur ‘n Scherz – aus zwei Gründen:

1.: Wir fangen an zu glauben, dass Mt. Fuji ein Mythos ist. Jeder Ort in Japan wirbt damit, man könne Mt. Fuji sehen. Allerdings immer mit dem Anhang: “Bei entsprechendem Wetter”.
2.: Der Regen hat so schnell natürlich nicht aufgehört.

Die Wanderung am ersten Tag war trotz Regen super schön. Durchgehend hatte man das Gefühl durch eine Fantasiewelt zu stapfen. Wir haben viele schöne Ecken gesehen. Manche Pilze und Pflanzen sahen aus, als hätte sich das jemand ausgedacht.

Pilz?

Dafür, dass die Tour nur 2 von 5 Sternen in Schwierigkeit hatte, mussten wir ziemlich viel Klettern. Teilweise gab es Ketten, oder provisorische Brücken ohne Geländer.

Wurzelweg

Nachmittags sind wir ca. 1 Kilometer vor dem Gipfel an einer Hütte mit Zeltplatz angekommen. Leider war die Hütte Corona-bedingt geschlossen. Und – fürs Zelten hat es einfach zu stark geregnet. Arnaud hatte allerdings zuvor bei GoogleMaps gesehen, dass es auf dem Gipfel eine kleine Notunterkunft gab, mit einem großen Vordach, worunter wir das Zelt stellen könnten. Wir haben unsere Kräfte gesammelt und sind den letzten Anstieg hoch.

Notunterkunft

Der Gipfel ist auf 2017 Metern. Wir sind bei 1090 gestartet. Waren 5 Stunden und 20 Minuten unterwegs. Haben 1220 Höhenmeter gemacht, plus 350 Meter Abstieg zwischendurch. Das Ganze ohne einen guten Schlaf, Im Dauerregen und nach 5 Stunden Anreise.

Wir sind quasi auf die Bank gefallen, die man auf dem Bild sieht. Wir haben so überlegt, ob man die Bank wegtragen müsste, damit das Zelt unter das Vordach passt, während mich die Neugier packte und ich an der Tür geschoben habe. Zu unserer Verwunderung konnte ich die Tür aufschieben. Dahinter war noch eine zweite Tür. Ich war unsicher, ob ich was verbotenes gemacht habe. Kein zurück möglich, also an der zweiten Tür geschoben.

Von innen schaute mich ein durchnässter Japaner an, der grade am Kochen war. Enormes Glück! Rein in die Hütte und das Lager aufschlagen.

Samstag war also sehr schön und anstrengend und vor Allem nass. Sonntag sollte die Sonne rauskommen mit etwa 30 Grad Hitze.

Der Holzboden war nur fast bequem. Nach ner Stunde Schlaf haben mich Stimmen vor der Hütte geweckt. Ich musste eh mal vor die Tür und hab mich mit einem Neuankömmling festgequatscht. Ein Amerika-Japaner aus Chicago. Haben uns über die Gegebenheiten der jeweiligen Touren ausgetauscht und er hat mich über die Unterschiede bei Onsens aufgeklärt.

Am nächsten Morgen wollten wir eigentlich den Sonnenaufgang vom Gipfel aus sehen. Der Wecker hat uns gegen 4:30 Uhr geweckt. Allerdings hat es sehr stark geregnet. Bestimmt der Rand der Wolke. Ein paar Minuten abgewartet. Gegen 5 Uhr hat es weniger geregnet, dass wir aufbrechen konnten.

Viel Abstieg und ein paar Aufstiege zu Gipfeln auf dem Weg nach Okutama.

Am zweiten Tag hatten wir deutlich mehr Regen als erwartet. Rechnung: (Vorhergesagt) 0 Regen < viel Regen (was wir hatten).

Die Aussicht und die Natur waren jedoch weiterhin unfassbar schön.

Aussicht in nass

Nachdem der Regen aber immer stärker wurden, sind wir zunehmend um die Gipfel herum, um möglichst schnell aus dem Nass zu kommen. Die Freude haben wir jedoch nicht verloren. Rückblickend irgendwie krass, dass wir uns nicht in die Haare bekommen haben. War ja doch ziemlich extrem und hätte mit dem Regen nervig sein können. Aber irgendwie – diese Natur in Japan ist wirklich schön und überall kann man irgendwas interessantes entdecken.

Nass

An Tag 2 waren wir gute 7 Stunden unterwegs. Am Ende haben wir knapp 23 Kilometer zurück gelegt. In Okutama haben wir noch ein Onsen besucht, um sauber zu werden und die Erfahrung noch mit zu nehmen. Quasi wie Sauna in nass.

Am Bahnhof hat uns noch ein Herkules begrüßt. So um halb 6 waren wir wieder in den Dorms.

Herkules

Wahnsinns Tour! Ich bin echt Glücklich, dass wir das durchgezogen haben. Japan kann neben Neon und Bunt und Stadtlärm eben auch sehr sehr sehr viel Grün! Oh und natürlich Regen – wobei es Gerüchte gibt, dass das halt an mir liegt.

13

So, das semester neigt sich dem Ende zu und in 13 Tagen steig ich wieder in ein Flugzeug. Ich bin vielleicht ein klein wenig zu tief in den Arbeitswahn gefallen und hab mir etwas viel vorgenommen, weswegen ich hier nichts mehr geschrieben habe. Ich wollte aber doch noch ein Update liefern, auch um ein paar Gedanken für mich zu dokumentieren.

Zuerst: Wieso bin ich hier in diesen Arbeitswahn gefallen.

Nachdem Corona bedingt das Semester nach hinten geschoben wurde habe ich für die ersten Monate nach einem Projekt gesucht, was mich beschäftigen könnte. Das ganze hat ziemlich fahrt aufgenommen und als es dann hieß, dass der Japanischkurs (in den ich viel Energie stecken wollte) nicht stattfinden würde, habe ich mich für meine Zwischenprüfung in Köln angemeldet. Von da an habe ich also parallel in Köln als auch an der Chiba U das semester bestritten. Die Prüfung in Köln hab ich inzwischen absolviert und hier ist nur noch eine Präsentation am 31.7. fällig.

Für die Prüfung in Köln habe ich eine künstliche Intelligenz trainiert, wie sans serif Schriften auszusehen haben. Die daraus gewonnenen Module können, wenn sie mit einer Form als Input gefüttert werden, Buchstaben generieren, die Eigenschaften dieses Inputs innehalten. Das ganze ist ziemlich umfangreich geworden und wir wollten das auch noch publizieren. Ich hab also angefangen das ganze als Paper zu verfassen. Das wird jetzt noch korrekturgelesen und bestimmt noch überarbeitet, aber dann schicken wir das (hoffentlich Ende der Woche) an die Japanese Society for the Science of Design.

One OK Font

Dieses Set aus Zeichen wurde komplett von einem Computer generiert.

Regenzeit

Glücklicher weise hat es die letzten 10 Wochen auch komplett durchgeregnet, wodurch ohnehin nichts anderes als im Labor hocken möglich gewesen wäre.

Rainseason

Unser Plan, um die Tokyo Bay mit dem Rad zu fahren war Wetterbedingt leider nicht möglich. Es sieht auch nicht so aus, als wäre das in den letzten Tagen noch möglich. Auch, da Arnauds Rad kaputt ist und ja –

Hisa, die am selben Tag Geburtstag hat wie ich, meinte zu mir, es hätte an ihrem Geburtstag noch nie geregnet. Das konnte ich definitiv nicht erwidern. Und Ja – es hat geregnet!

An unserem Geburtstag haben wir allerdings trotz Wetter und Corona versucht das Beste zu machen. Nachmittags gabs Kuchen im Labor, wo glücklicher Weise keine mexikanischen Traditionen eingefordert wurden. Und abends haben wir uns im Izakaya auf Nomihodai, also All you can Drink getroffen. Anschließend hielten wir es für eine gute Idee ins Karaoke zu gehen. Hals noch nicht voll, also dachten wir man könnte ja noch ins Meer springen. Der Strand war allerdings Wellen bedingt sehr zu gemüllt, was die Stimmung gedrückt hat.

Black Tokyo Bay

Etwas Japan

Wenns mal nicht zu stark geregnet hat, haben wir jedoch zumindest versucht etwas vom Land zu sehen. Und neben diesem Tokio gibt es (absurder Weise) ganz schön viel Natur.

Mt. Takao

Am Fuße des Takao-San

Zum Beispiel sind wir zum Mount Takao gefahren. Der steht in Reiseführern als Attraktion drin. Wir sind also da hoch und waren leicht enttäuscht, dass die Tour etwas zu touristisch war und wir uns mehr Natur erhofft hatten. Von dort aus haben wir auf der Karte allerdings ein paar Wanderwege gefunden, die attraktiv aussahen. – Haben dann noch ein paar weitere Hügel abgeklappert.

Auf dem Weg haben wir viele viele interessante kleine Dinge entdeckt.

Mantis

Der Pfad wurde teilweise sehr abenteuerlich. Teilweise hatte man das Gefühl, das hier seit Jahren niemand mehr lang gegangen ist.
Und das Ganze nur ein paar Stationen von Tokio entfernt.

Suchbild: Wanderweg

Nach 27 Kilometern waren wir super glücklich, dass wir ein wenig Japanische Natur beschnuppern konnten. Wir sind in Sagamihara aus dem Busch gekrabbelt. Eine niedliche Kleinstadt, die, wie sich grade rausstellt, über 800.000 Einwohner hat.

Sagamihara

Kamakura

Letzte Woche sind wir mit den Italienerinnen nach Kamakura gefahren um ein paar Tourismus Dinge abzuhaken. Ist auch mal schön sowas.

In Kamakura hatte ich meine Kamera dabei und hab die meisten Bilder damit geschossen. Leider habe ich aktuell kein Lightroom, weswegen ich hier nur ein paar Handyaufnahmen zeigen kann.
Kamakura hatte wirklich schöne Stellen. Wir waren alle nur etwas müde und erschöpft. Man hätte dort bestimmt noch mehr sehen können.

Generell:

Also: Wir versuchen hier das Beste aus der aktuellen Lage zu machen. Natürlich hocken wir viel im Labor über den Tastaturen und arbeiten fleißig, allerdings versuchen wir so viel Japan wie möglich zu schnuppern.

Und: Auch wenn wir nicht sehr viel Tourismus betreiben konnten, denke ich doch, dass wir einen ziemlich tiefen Einblick in die Kultur bekommen haben. Zumindest den japanischen Regen kenne ich jetzt.

Japanisch habe ich leider nicht lernen können. Das hab ich auf Grund der Prüfung in Köln versäumt. Wobei – man wird besser im Alltag. Man versteht häufig was gemeint ist und viele Dinge wiederholen sich. Z.B. fragen alle alle und immer immer nach Punktekarten – in etwa Pointocardo.

So – Das sollte als Lebenszeichen genügen. Ganz vielleicht schaffe ich es in den kommenden Tagen noch Gedanken zu ergänzen. Sonst freu ich mich auch schon auf die Heimat.

Montag

Das Semester hat mich komplett verschlungen. Irgendwie gibt es kaum noch Freizeit. Ich hab ja, weil das Semester hier so lange nicht begonnen hat, in Köln zwei Projekte angemeldet, die viel Energie fordern. Zusätzlich hat das Semester hier jetzt doch mal angefangen. Die 3. Woche hat heute begonnen. Noch sind die Japanischen Seminare noch zu managen, aber beides parallel zu machen war wohl ‘nen feher.

Für Köln arbeite ich aktuell an zwei Projekten, in dem einen nutze ich deep learning um ein Tool zu entwickeln, das lernt Fonts zu erstellen. In dem anderen untersuche ich, ob grafische Elemente von unterschiedlichen Kulturen unterschiedlich wahrgenommen werden. Dazu habe ich eine Umfrage erstellt, und bitte jeden, die auszufüllen, sofern das noch nicht passiert ist. 😊

Hier geht es zur Umfrage

Ich verbringe so viel zeit in der Uni, dass dort auch meine komplette Freizeit und Erholung irgendwie stattfindet. Glücklicherweise haben wir diesen Beamer und können regelmäßig Smash spielen oder Netflix anschmeißen.

Ness wins

Gestern haben wir abends eine Takoparty gemacht. Party klingt übertrieben – wir sind immer die gleichen vier bis fünf Leute im Lab. Einer hat eine Takoyaki platte mitgebracht (das ist eine Art großes Waffeleisen) und wir haben die Teigkugeln gemacht und dabei ‘nen Asahi getrunken.

Takoyakiplatte
fertiges Takoyaki

Eigentlich wollten wir diese Woche unsere Fahrradtour machen, allerdings gibt es in Japan neben den regelmäßigen Erdbeben tatsächlich Wetter. Hier wird es also die nächste Woche durchregnen.

South Gate

Ansonsten…

Dass ich gestern in meinem Zimmer zwei sterbende Kakerlaken gefunden habe erwähne ich besser nicht. Nachher fangen die Leute noch an zu denken, ich locke dieses Getier irgendwie an.

Ist halt super komisch. Ich war in den letzten Wochen nur zum Schlafen in meinem Zimmer. Heißt – ich habe keinen Müll, keine Essensreste, nichts Ungespültes und keine Vorräte. 🤷‍♂️ Ich rede mir einfach mal ein, dass die nur zum sterben in mein Zimmer gekommen sind. Bin mal gespannt, wenn hier in ein paar Wochen der echte Sommer losgeht.

Golden Week

Ok, ich dachte, ich könnte wieder regelmäßiger schreiben. Ich hab mich jetzt allerdings für die Prüfung in Köln angemeldet und hab alle Hände voll zutun. Diese Woche beginnt hier dann auch mal das Semester. Das wird hier alles online ablaufen, was bedeutet, dass viele Hausaufgaben aufgegeben werden – mehr als üblich. – Geil.

Diese Woche ist die Golden Week. Bedeutet, jeden Tag ist irgendein Feiertag. Normalerweise wird das von Japanern genutzt um im Land herum zu reisen. Und die Geschäfte sollten den Jahresumsatz machen und alle sind glücklich und und und. Dieses Jahr bedeutet das eher, Japan hat Angst davor, dass alle rausgehen und sich irgendwo treffen. Als Folge ist alles zu. Und alles bedeutet in dem Falle, dass beispielsweise auch die Konbinis geänderte Öffnungszeiten haben. – Das ist wirklich gespenstisch.

Das ganze Land hat also grade Urlaub und wir sitzen weiter im Labor und arbeiten. Was soll man auch groß anderes tun. Das Wetter ist auch nicht wirklich stabil, also sind größere Radtouren keine wirklich prickelnde Idee.

Funfact: Der Arbeitstag in Japan hat mehr als 24 Stunden. Damit man bis in die frühen Morgenstunden arbeiten kann, es legal aber noch zum Vortag gilt. Hier ein Bild von den Öffnungszeiten der Unitore:

Wenn ich das richtig verstanden habe, endet das Semester am 31.7. und weil man so gar nichts unternehmen kann werd ich wohl kurz darauf auch schon in die Heimat kommen.

Woran ich aktuell arbeite:

Ich arbeite weiterhin an der AI, die Schriften erstellt. Am 3.6. habe ich eine kurze Präsentation via Zoom in dem Seminar von meinem Professor in Köln. Am 25.6. muss ich das Paper einreichen und am 2.7. hab ich die Öffentliche Prüfung/Präsentation.

Zusätzlich erarbeite ich, ob es in dem Empfinden wie männlich/weiblich Schriftzüge wahrgenommen werden, kulturelle unterschiede gibt. Dazu muss ich auch etwas bis zum 25.6. in Köln einreichen.

Und am 7.5. beginnt hier das Semester und geht bis zum 31.7.

Mal sehn.

Always Aim Higher

Das ist nicht nur der Slogan von der Chiba U, sondern ist auch ein Satz den wir hier etwas auf die Schippe nehmen. Er repräsentiert die etwas fragwürdige Arbeitsmoral der Japaner.

Ich muss allerdings wohl gestehen, dass hier wohl selber ein wenig den japanischen Wahnsinn lebe. Fast jeden Tag bin ich bis in die Morgenstunden im Labor und arbeite. Ich hab auch schon darüber nachgedacht mich hier einfach aufs Sofa zu legen und ein paar Stunden die Augen zu schließen.

Was aus meiner Erlaubnis geworden ist, den Campus zu betreten, die letzte Woche auslaufen sollte? – Ich habe kein offizielles schreiben mehr, dass mir den Zutritt versichert, jedoch wird man nicht überprüft und ich bin hier eh der zwielichtige Gaijin und der Prof. ermutigt mich auch viel hier zu sein und zu arbeiten, da am Ende sein Name neben meinem auf dem Paper stehen wird, dass ich veröffentlichen will.

Mittwoch war mein letzter Tag, für den ich eine Erlaubnis hatte, bis dahin habe ich wahnsinnig konzentriert gearbeitet. Danach habe ich mir zwei Tage Urlaub gegönnt und bin in meinem kleinen Kämmerlein geblieben. Das hat so gut funktioniert, dass ich in der letzten Woche die Komplette Serie Community erneut geguckt habe.

Am Donnerstag war ich wirklich faul und habe kaum etwas produktives getan. Abends habe ich eine Mail bekommen, dass das System Planning Lab regelmäßig onlinetools testen möchte, die man zum gemeinsamen arbeiten, aber auch casual nutzen könnte. Am Freitag hatte ich entsprechend einen Grund schon um 13 Uhr das Bett zu verlassen, da um 13:30 das erste online Meeting begann.

Wir haben Remo genutzt, was ziemlich nett war. 20 Leute waren in einem gemeinsamen Raum und man konnte sich an Tischen sammeln und über weltliches quatschen.

Für mich waren das die ersten zwei Tage am Stück, an denen ich in einer Art Isolation war, seit dem Ausbruch von Corona. Überall in der Welt ist das schon seit Wochen Alltag. Für mich war das mehr ein verspätetes und überfälliges Wochenende. Und irgendwie… arbeiten kann ich in diesem Räumlein nicht. Der Schreibtisch ist zu niedrig und die Sitzfläche von dem Stuhl hat ein !unglaublich! unangenehmes Gefälle, dass man stetig vom Stuhl rutscht.

Glücklicherweise hat der Prof im Labor schon nach mir gefragt, was ich als Einladung verstanden habe.
Am Samstag Vormittag dann wieder aufs Fahrrad geschwungen und ab zum Campus.

Vor dem Gebäude begrüßte mich ein kleines Kätzchen, dem ich erst keine weitere Aufmerksamkeit geschenkt habe. Seitdem beobachten wir den kleinen Kater – gris – intensiv. Wir haben die Vermutung, dass er ziemlich jung ist und wahrscheinlich hier ausgesetzt wurde. Er hockt immer in einem Gebüsch und wenn man an ihm vorbei geht, fängt er ganz laut an zu wimmern. Er ist super nervös und springt bei kleinsten Bewegungen sofort in eine Defensivhaltung. Anscheinend gibt es auf dem Campus einige ausgesetzte Katzen. Und es gibt hier eine AG/ einen Club, der sich um die Katzen kümmert.

Gris

Und jetzt vermisse ich meinen eigenen meckernden Kater der nicht mit nach Japan kommen wollte.

Gestern habe ich mich mit ein paar Leuten am Meer getroffen. Wir wollten uns den Sonnenuntergang mit einem Kaltgetränk in der Hand anschauen. Natürlich mit 2 Metern Abstand. Es war nicht ganz so entspannt, wie erhofft. Am Meer war es unfassbar stürmisch.

Li und Xiaoxiao

Oh – die Chinesische Regierung hat jedem Chinesen ein Päckchen mit Medikamenten, Masken, Desinfektionszeug und anderen Dingen geschickt, für den Falle von Ansteckung. Ich bekomme also demnächst ein Paar masken von meinen Chinesischen Freunden, die teilweise hunderte Masken zuhause bunkern und sich um den deutschen Ausländer sorgen, der keine Masken mehr besitzt.

Trotz, oder gerade wegen des Windes ergab sich am Meer eine ziemlich schöne Atmosphere. Es gab Wellen und ein paar wenige Japaner haben das genutzt um zu surfen.

Und ich – habe mein Kaltgetränk am Meer bekommen.

Sapporo

Heute bin ich wieder im Lab und versuche Motivation zu finden, meine Stichpunkte endlich mal in Textform zu bringen. Ich will das Projekt in dem kommenden Monat abschließen, zumal ich bereits andere Projekte in den Startlöchern habe.

Noch ein Ausblick auf meine Pläne. Arnaud und Ich planen mit dem Fahrrad die Tokyo Bay zu umrunden. Wir wollen uns ein Zelt leihen und dann mit den Fahrrädern los. Wir schätzen, dass man ein paar Tage – Vielleicht eine Woche unterwegs sein werden. Wann wir das machen steht noch nicht. Aber vielleicht können wir sowas auch machen, wenn man sonst nichts machen kann.
Kamera und ein paar Klamotten in den Rucksack und los. Wir haben die Fahrräder weiter bearbeitet. Wir haben die Ketten entrostet und neu geölt. Jetzt haben wir 2 Fahrräder die super laufen. Nur noch das Wetter muss etwas stabiler werden, dann könnte man sowas in Angriff nehmen. Vielleicht wäre ein Anfang auch erstmal zur Ostküste zu fahren. Das sind etwa 40 Km pro Strecke. Viel aber machbar. Und dort wird schließlich jeden Tag die Sonne geboren.

So viel zu meinen Plänen. Jetzt noch ein Bild von gestern Abend:

sunset

Gehversuche

Die letzte Woche war ganz schön stressig. Meine offizielle Erlaubnis in die Uni zu kommen galt bis Dienstag und ich hatte mich schon darauf eingestellt, dass ich von da an in meinen zwölf Quadratmetern bleiben muss. Mein Professor hat mir allerdings gesagt, solange ich was zu arbeiten habe, soll ich ruhig weiterhin kommen.

Ich hab mich nochmal mit Köln in Verbindung gesetzt und habe die zusage von einem Professor dort bekommen, mein Typografieprojekt das ich grade verfolge, zu betreuen. Das bedeutet für mich, ich kann das Projekt als einen Teil meiner Zwischenprüfung anerkennen lassen. Damit ich diesem Professor möglichst schnell ordentliche Zwischenergebnisse zeigen kann, darf ich jetzt offiziell bis zum kommenden Mittwoch weiterhin im Lab arbeiten.

Aktuell trainiert die AI, Lettersets aus einem Character zu erstellen. Im Moment sieht das so aus.

Gehversuche

Generell sitzen wir hier weiterhin zu 4. im Lab und arbeiten alle ziemlich fleißig von Mittags bis in die frühen Morgenstunden. Ich komme jeden Tag gegen 13 Uhr ins Labor und wir gehen immer gegen ein bis 3/4 Uhr zurück zu den Dorms.

Wetter

In dem Regen sind wir heute zum Lab gegangen. – Das war wahrscheinlich keine allzu gute Idee.

Glücklicher Weise waren Arnaud und ich heute Mittag alleine im Lab und konnten unsere nassen Sachen etwas ausbreiten. Wäre für die Profs bestimmt n komisches Bild gewesen, wie zwei Austauschstudenten in Unterhosen an ihren Schreibtischen arbeiten.

Wir waren eben nochmal auswärts essen. Ist mit der Coronasituation vielleicht nicht die beste Idee, allerdings ist man halt immer alleine in ‘nem Restaurant.

ganz gutes Essen

Heute machen wir uns noch einen Entspannten Samstag und morgen wird wieder konzentriert gearbeitet.

Mir gehts weiterhin super. Man ist sehr eingeschränkt und um das Land wirklich kennen zu lernen ist die Zeit nicht geeignet, aber wir versuchen das Beste aus der Situation zu machen.

Frohe Ostern!

Frohe Ostern! – oder wie man hier sag: …

Seit Mittwoch ist es ziemlich still in der Uni. Insgesamt sieht man nur noch wenig Menschen auf den Straßen. Im Lab sind wir meistens nur noch zu dritt oder viert. Ab und an Kommt ein Professor rein. Das hat zur Folge, dass wir ziemlich konzentriert hier arbeiten können.

konzentrierter Krusty

Der erste Versuch eine AI zu trainieren hat ganz gut geklappt und Stellen aufgedeckt, die ich jetzt ausbessere.

Am Freitag kam der Professor vom System Planing Lab und hat mir einen neuen iMac hier hingestellt, damit ich mit mehr Rechenleistung arbeiten kann. Ich hab da jetzt Ubuntu drauf und hab die Entwicklungsumgebung zum Laufen gebracht.

Kurz zu meinem Projekt:

Ich will eine AI trainieren, zu verstehen, wie Schriftzeichen aussehen. Dafür habe ich mir tausende Fonts (.ttf) runtergeladen. Damit die AI versteht, welches Zeichen wie aussieht, muss ich jede einzelne Glyphe aus den Schriften exportieren und irgendwie auf ein einheitliches Format bringen. Das ganze mache ich mit Hilfe von Python.

Gestern habe ich ca. 1000 Schriften in die einzelnen Glyphen aufgesplittet. Das das hat so ungefähr die ganze Nacht gedauert. Beim Aufsplitten habe ich den Glyphen ihren jeweiligen Unicode in den Dateinamen gesetzt. Aktuell werden Die Glyphen nach Unicode in Ordner aufgeteilt.

Speichern der Glyphen

Wir hoffen, dass ich heute mit dem Trainieren anfangen kann.

Ich habe aktuell die Erlaubnis, bis einschließlich Dienstag in die Uni zu kommen. Ich möchte dem Professor dann meine Fortschritte zeigen können, um eine Verlängerung der Erlaubnis zu bekommen.

Das Ziel was ich verfolge, ist: Die AI soll in der Lage sein, aus einem Character ein komplettes Set von Glyphen zu generieren und dieses Set in eine .ttf umzuwandeln, mit der man tatsächlich arbeiten kann. Wir hoffen, dass ich das diesen Monat noch schaffe.

Tja und sonst:

Das Wetter ist japanisch wechselhaft. Viel Regen, viel Sonne, viel Wind.

Gestern haben wir uns parallel zum Arbeiten einen Schönen Samstag gemacht. Haben im Lab laut japanische, spanische, französische und deutsche Musik angemacht und haben uns abends ein paar Bier in den Kühlschrank gestellt. Hatte zur Folge, dass wir bis ca. 3 Uhr nachts noch an unseren jeweiligen Projekten saßen.

Gestern Abend haben wir außerdem Besuch von einem kleinen Erdbeben gehabt. Das war das erste Erdbeben für mich hier, bei dem das komplette Gebäude in Bewegung war. Gaaanz kurz haben wir überlegt, ob man unter die Tische sollte. Das hat so ‘ne halbe Minute angedauert.

So – Frohe Ostern und endlich ist das Fasten Vorbei!

Random Foto

Train AI

Es kam dann doch etwas anders mit der Erlaubnis. Der Prof. hat an alle Studenten im System Planing Lab eine Mail geschickt, dass man die zeit nutzen soll, etwas zu machen, wofür man sonst keine Zeit hat. Ein Buch lesen zum Beispiel. Wenn man wirklich ins Lab will, soll man ihm eine Mail schreiben und begründen, wieso man das was man machen möchte nicht von zuhause machen kann.

Ich arbeite hier an einem Projekt. Wir nutzen ein Generative Adversarial Network um ein Modul zu trainieren, wie ein Font/ eine Schrift aussieht. Bedeutet, wir nutzen Künstliche Intelligenz um Schriftdateien zu generieren.

Da ich dafür momentan die AI trainiere benötige ich viel Rechenleistung, die ich in meiner kleinen Kammer nicht habe. Also habe ich mir die Erlaubnis bis nächsten Dienstag ausstellen lassen.

Gestern saßen wir zu dritt im Lab. Das Laborleitende Mexikanerpaar und ich. Normal sind hier ca 10-15 Leute, die sich auf drei Räume verteilen. Ich hab von dem Professor für die kommenden Tage ein Macbook bekommen, auf dem ich Ubuntu(Linux) laufen lassen kann, um den externen Speicher nutzen zu können. Gestern hab ich meine Arbeitsumgebung eingerichtet und ein erstes Testscript vorbereitet.

testscript

Über Nacht sollte der erste Trainingslauf stattfinden, allerdings gab es natürlich noch einen kleinen Fehler, weswegen das Script nach ein paar Stunden abgeschmiert ist. Jetzt grade läuft das verbesserte Script erneut und das Training findet statt.

Training

Gestern Vormittag, als ich grade an meinem Frühstücksreis saß, noch bevor ich Richtung Uni aufgebrochen bin, hatte ich das Gefühl, aus dem Flur eine bekannte Sprache zu hören. Bin raus in den Flur und hab mich Vorgestellt. Jetzt kenne ich ein paar Rheinländer aus meinem Gebäude.

State of Emergency

Gestern hat Japans Prime Minister Chiba und sechs andere Präfekturen von heute an zum State of Emergency ernannt. Die Chiba University hat gestern direkt darauf reagiert und wird von Morgen an den Campus schließen. Der Campus soll dann bis zum Semesterbeginn am 7.5. zu bleiben.
Dieses “Schließen” ist allerdings etwas halbherzig. Es funktioniert so, dass man weiterhin die Räumlichkeiten nutzen darf, wenn man die Erlaubnis, von einem Professor hat.

Für mich bedeutet das, ich hoffe, dass mein Projekt anerkannt wird und ich die Erlaubnis bekomme, mich weiterhin hier an dem Schreibtisch aufzuhalten. Seit gestern ist unser Projekt auch so weit fortgeschritten, dass ich die Rechenleistung aus dem Labor benötige um weiter zu kommen.

Die KISD hat nun beschlossen, das gesamte kommende Semester online abzuhalten. Projekte werden dort derzeit umstrukturiert und geeignete online Portale werden erschlossen. Offenbar gibt es derzeit Probleme mit Zoom und Skype?!

Ich werde, für den Fall, dass in Japan in nächster Zeit nicht viel passiert, die Möglichkeit anfragen, vielleicht aus Japan heraus an online-Projekten der KISD teilzunehmen.

Ansonsten habe ich jetzt ein hervorragend funktionierendes Fahrrad. Das ist Wahrscheinlich sogar besser als das in Deutschland. Zur Not muss ich in den Nächsten Wochen die Umgebung mit dem Fahrrad erkunden.

Fahrrad

Da sich die Situation mit diesem Virus ja noch nicht bessert, wurde der Semesterstart hier offiziell auf den 7.5. verschoben. Das bedeutet Aktuell, dass das Semester wohl bis Ende Juli, oder Mitte August gehen wird. Wie sich das weiter Entwickelt, ist weiterhin überhaupt nicht absehbar.

Ich bereite mich jetzt mental darauf vor, dass irgendeine Form von Ausgangssperre auch in Japan kommen könnte. Ich will mein Projekt möglichst schnell zu einem Stand bringen, an dem ich von zuhause aus weiterarbeiten kann. Außerdem sammle ich Ideen, wie ich in meiner kleinen Kammer Sport machen könnte und sammle Unterlagen um Japanisch zu lernen. Zur Zeit kann ich die Universität noch normal besuchen und mich hier an einen Schreibtisch setzen.

Einer aus dem Lab hier ist auf Grund der Verschiebung des Semesterbeginns nach Mexiko abgereist. Bevor er Abgereist ist, hat er mir sein Fahrrad gegeben. Er wollte nichts dafür haben, da das Hinterrad kaputt war. – lucky me!

gelb

Ok also den Schlauch austauschen – kann ich. Vielleicht hat irgendwer Tools, oder eventuell liegen Tools im Lab. Gut, da hab ich mich geirrt und musste jetzt welche kaufen. Hat ganze 220¥ gekostet und ne Pumpe gabs noch dazu. Der Mantel ist zwar auch ordentlich abgerockt, aber ich versuch’s jetzt erst mal so.

Ansonsten haben wir in dem Lab einen neuen Beamer und haben beschlossen, dass wir Mittwochs gemeinsam Filme gucken und Freitags wie gehabt Smash Bros spielen.

Kubo