Always Aim Higher

Das ist nicht nur der Slogan von der Chiba U, sondern ist auch ein Satz den wir hier etwas auf die Schippe nehmen. Er repräsentiert die etwas fragwürdige Arbeitsmoral der Japaner.

Ich muss allerdings wohl gestehen, dass hier wohl selber ein wenig den japanischen Wahnsinn lebe. Fast jeden Tag bin ich bis in die Morgenstunden im Labor und arbeite. Ich hab auch schon darüber nachgedacht mich hier einfach aufs Sofa zu legen und ein paar Stunden die Augen zu schließen.

Was aus meiner Erlaubnis geworden ist, den Campus zu betreten, die letzte Woche auslaufen sollte? – Ich habe kein offizielles schreiben mehr, dass mir den Zutritt versichert, jedoch wird man nicht überprüft und ich bin hier eh der zwielichtige Gaijin und der Prof. ermutigt mich auch viel hier zu sein und zu arbeiten, da am Ende sein Name neben meinem auf dem Paper stehen wird, dass ich veröffentlichen will.

Mittwoch war mein letzter Tag, für den ich eine Erlaubnis hatte, bis dahin habe ich wahnsinnig konzentriert gearbeitet. Danach habe ich mir zwei Tage Urlaub gegönnt und bin in meinem kleinen Kämmerlein geblieben. Das hat so gut funktioniert, dass ich in der letzten Woche die Komplette Serie Community erneut geguckt habe.

Am Donnerstag war ich wirklich faul und habe kaum etwas produktives getan. Abends habe ich eine Mail bekommen, dass das System Planning Lab regelmäßig onlinetools testen möchte, die man zum gemeinsamen arbeiten, aber auch casual nutzen könnte. Am Freitag hatte ich entsprechend einen Grund schon um 13 Uhr das Bett zu verlassen, da um 13:30 das erste online Meeting begann.

Wir haben Remo genutzt, was ziemlich nett war. 20 Leute waren in einem gemeinsamen Raum und man konnte sich an Tischen sammeln und über weltliches quatschen.

Für mich waren das die ersten zwei Tage am Stück, an denen ich in einer Art Isolation war, seit dem Ausbruch von Corona. Überall in der Welt ist das schon seit Wochen Alltag. Für mich war das mehr ein verspätetes und überfälliges Wochenende. Und irgendwie… arbeiten kann ich in diesem Räumlein nicht. Der Schreibtisch ist zu niedrig und die Sitzfläche von dem Stuhl hat ein !unglaublich! unangenehmes Gefälle, dass man stetig vom Stuhl rutscht.

Glücklicherweise hat der Prof im Labor schon nach mir gefragt, was ich als Einladung verstanden habe.
Am Samstag Vormittag dann wieder aufs Fahrrad geschwungen und ab zum Campus.

Vor dem Gebäude begrüßte mich ein kleines Kätzchen, dem ich erst keine weitere Aufmerksamkeit geschenkt habe. Seitdem beobachten wir den kleinen Kater – gris – intensiv. Wir haben die Vermutung, dass er ziemlich jung ist und wahrscheinlich hier ausgesetzt wurde. Er hockt immer in einem Gebüsch und wenn man an ihm vorbei geht, fängt er ganz laut an zu wimmern. Er ist super nervös und springt bei kleinsten Bewegungen sofort in eine Defensivhaltung. Anscheinend gibt es auf dem Campus einige ausgesetzte Katzen. Und es gibt hier eine AG/ einen Club, der sich um die Katzen kümmert.

Gris

Und jetzt vermisse ich meinen eigenen meckernden Kater der nicht mit nach Japan kommen wollte.

Gestern habe ich mich mit ein paar Leuten am Meer getroffen. Wir wollten uns den Sonnenuntergang mit einem Kaltgetränk in der Hand anschauen. Natürlich mit 2 Metern Abstand. Es war nicht ganz so entspannt, wie erhofft. Am Meer war es unfassbar stürmisch.

Li und Xiaoxiao

Oh – die Chinesische Regierung hat jedem Chinesen ein Päckchen mit Medikamenten, Masken, Desinfektionszeug und anderen Dingen geschickt, für den Falle von Ansteckung. Ich bekomme also demnächst ein Paar masken von meinen Chinesischen Freunden, die teilweise hunderte Masken zuhause bunkern und sich um den deutschen Ausländer sorgen, der keine Masken mehr besitzt.

Trotz, oder gerade wegen des Windes ergab sich am Meer eine ziemlich schöne Atmosphere. Es gab Wellen und ein paar wenige Japaner haben das genutzt um zu surfen.

Und ich – habe mein Kaltgetränk am Meer bekommen.

Sapporo

Heute bin ich wieder im Lab und versuche Motivation zu finden, meine Stichpunkte endlich mal in Textform zu bringen. Ich will das Projekt in dem kommenden Monat abschließen, zumal ich bereits andere Projekte in den Startlöchern habe.

Noch ein Ausblick auf meine Pläne. Arnaud und Ich planen mit dem Fahrrad die Tokyo Bay zu umrunden. Wir wollen uns ein Zelt leihen und dann mit den Fahrrädern los. Wir schätzen, dass man ein paar Tage – Vielleicht eine Woche unterwegs sein werden. Wann wir das machen steht noch nicht. Aber vielleicht können wir sowas auch machen, wenn man sonst nichts machen kann.
Kamera und ein paar Klamotten in den Rucksack und los. Wir haben die Fahrräder weiter bearbeitet. Wir haben die Ketten entrostet und neu geölt. Jetzt haben wir 2 Fahrräder die super laufen. Nur noch das Wetter muss etwas stabiler werden, dann könnte man sowas in Angriff nehmen. Vielleicht wäre ein Anfang auch erstmal zur Ostküste zu fahren. Das sind etwa 40 Km pro Strecke. Viel aber machbar. Und dort wird schließlich jeden Tag die Sonne geboren.

So viel zu meinen Plänen. Jetzt noch ein Bild von gestern Abend:

sunset

Inage Ward

Ich denke, ich bin langsam angekommen. Ich finde mich zurecht, komme mit meinen 6 japanischen Wörtern gut klar und kann Essen und Bier bestellen. Außerdem hab ich ‘ne Beschäftigungen gefunden und kenne ein paar Leute, mit denen man Abends etwas unternehmen kann. Außerdem hab ich einen ganz guten Draht zu den beiden mexikanischen Laborleitern, die hier viele Tipps geben und uns mit den News auf dem Laufenden halten.

Der Heimweg

Zu den Lokalen News: Der Semesterbeginn wurde hier jetzt offiziell verschoben. Nach aktuellem Stand soll das Semester am 22.4. statt dem 1.4. beginnen. Allerdings wird das Olympische Komitee in den nächsten 4 Wochen beschließen, ob Olympia wie geplant stattfinden wird. Diese Entscheidung wird den Verlauf den Semesters stark beeinflussen. Aktuell weiß hier leider auch niemand, wann das Semester dann enden wird.

Es ist nach wie vor eine seltsame Situation. Ich bekomme am Rande mit, wie das Leben in Deutschland aktuell scheinbar sehr anders ist. Hier sind zwar touristische Sammelpunkte geschlossen und das Semester wird verschoben, aber sonst lebt man hier den normalen Alltag. Ich gehe morgens zur Uni und arbeite an meinem Abstract und abends gehen wir zusammen Essen und in diverse Kneipen.

Was allerdings auffällt, die Sakuras blühen und die Japaner schmeißen sich in Kimonos und machen Fotos unter den Blüten

Generell stehen diese Bäume überall. Leider blühen die großen Bäume in der Hauptstraße des Campuses noch nicht.

Maingate
Vor meinem Zimmer im Wohnheim

Wie bereits geschrieben, bin ich hier ständig am Essen und habe (noch) keinen Sport gefunden. Die Uniangebote beginnen erst im neuen Semester, die Kletterhallen sind geschlossen und es gibt viel zu viele Ampeln, dass Laufen nicht so schön wäre.

Fischplatte im Izakaya

Am Freitag war hier ein Feiertag. Ich weiß nicht was hier gefeiert wurde, aber die Uni war geschlossen. Wir haben uns deshalb nachmittags getroffen und sind in ein nettes Ramenlokal gegangen. Gott sei dank, sind wirklich immer Abbildungen von dem Essen zu sehen, das man bestellt.

leicht fettige Brühe

Und dann kam Samstag.

Samstag begann harmlos. Arnaud, der Belgier und ich haben überlegt was wir machen könnten. Es war bestes Wetter. Um das auszunutzen sind wir zum Meer. Hätte ja sein können, dass man Fuji-san hätte sehen können. Man kann hier wohl Glück haben. Man geht eine Weile, bis man am Meer ankommt.

nahe des Yachthafens

Am Meer entlang haben wir stellen gesucht, die man im Sommer aufsuchen könnte. Wir haben allerdings nur Surferstrände etc. gefunden. Vielleicht hätten wir in die andere Richtung gehen müssen. Für den Rückweg dann ein kühles irgendwas auf die Hand. Bier wäre besser gewesen, aber man muss ja auch mal was ausprobieren.

Nach einem kleinen Spaziergang von 4 Stunden brauchten wir erstmal ‘nen Kaffee.

Kaffee gekocht und im Meetingraum in den Dorms zusammengesetzt. Ein Kaffee und einige Dosen Sapporo später sind wir zum nächsten Sushirestaurant gegangen.

Die Stimmung war ganz gut… Den Hals noch nicht voll gehabt und weiter zum Izakaya in Dormnähe.

Um halb 1 wird dort die letzte Runde bestellt. 7/11, Lawson, MiniMart etc. machen aber noch nicht zu.
Gut, was jetzt? Man könnte ja noch so einen Karaokeladen ausprobieren.

Hier jetzt keine Bilder aus Gründen.

Aber hey – während ich so im Bett katerte, konnte ich ein Wenig mit Maike und James Skypen! Also auch den Katertag gut genutzt

Hier ein Bild von James und mir:

James im Facetimecall

Mir geht es hier offensichtlich ganz gut und ich mach mir keine Corona bedingten Sorgen. Etwas doof ist grade nur die Ungewissheit. Und ich würde ganz gerne ein bisschen Reisen.