Chichibu Wanderung

Es hieß, dass die Regenzeit rechtzeitig zum Wochenende ein Ende finden sollte. Da Arnauds Rad kaputt ist, haben wir beschlossen ne zwei Tages Wanderung zu machen. Wir haben schließlich Sonne bestellt und uns eine Schöne Tour rausgesucht. Die Wettervorhersage war entsprechend unserer Wünsche. – Sachen gepackt, Eventualitäten durchdacht und am Vorabend nochmal in die Wetterapp geschaut. Gut – Regen bis 12 Uhr. Laut Zugverbindung sollten wir eh erst gegen 10 irgendetwas ankommen. Passt!

Wir haben um 5 Uhr in der Früh die Dorms verlassen. Beide mit quasi keinem Schlaf (Semi-ideal… rückblickend vielleicht Fahrlässig). Während der Zugfahrt haben wir viel Regen gesehen und je weiter wir uns von Tokio entfernten wurde das Land grüner und grüner.

Um 10:30 Uhr sind wir am Mitsumine Schrein angekommen. Hätte eine unglaublich schöne Szenerie sein können, wenn trotz Regens nicht so viele Touristen dort gewesen wären. Haben uns kurz umgeschaut und sind dann von nem kleinen Trampelpfad hinter dem Schrein auf unseren Wanderweg.

Zu unserer Vorbereitung:

Am letzten Donnerstag und Freitag waren Feiertage. Die Wettervorhersage sah endlich gut aus. Perfekt, also doch noch was unternehmen am (letzten) Wochenende in Japan. Die Überlegung war zwischen Kyoto und ner Wanderung. Haben dann nach Wanderungen in den Japanischen Alpen gesucht. War allerdings nicht so leicht, ne schöne zwei Tages Tour zu finden. Kurz bevor wir uns für Kyoto (als Backup) entschieden haben hat Arnaud noch einen Blogpost gefunden, der ne schönen Tour dokumentiert hat. Zelt haben wir aus dem Labor genommen. Ein schönes 8-Mann-Zelt ohne Regenschutz. Aber den sollten wir laut Wetterbericht eh nicht brauchen. Taschen gepackt. Früh ins Bett gegangen. Nicht geschlafen. Im FamilyMart tausend Proteinriegel und ne Flasche Wein gekauft und los.

Die Tour:

Der Wanderweg war unglaublich schön. Alle ein bis zwei Kilometer hat sich der Untergrund gewandelt, dass es nicht monoton werden konnte. Mit dem leichten Regen am Anfang wirkte der Weg mystisch und war wunder schön!

Steigung im Grün
Wurzelformation mit Abhang

Wir sind bei etwa 1000 Meter Höhe gestartet. Der Gipfel, bei dem Wir Übernachten wollten, liegt bei 2000 Meter. Zwischen dem Start und dem Ziel mussten wir relativ viele Gipfel überwinden = also viel hoch und runter.

Gegen Mittag klärte sich der Himmel etwas. Der Regen hörte auf und wir hatten schöne Aussicht auf das Wolkenmeer unter uns.

Wolkenmeer

Wir hatten das Gefühl, dass die Sichtweite über den Wolken enorm war. Vielleicht also später auf dem Gipfel mit freier Sicht auf Fuji-San? – Nur ‘n Scherz – aus zwei Gründen:

1.: Wir fangen an zu glauben, dass Mt. Fuji ein Mythos ist. Jeder Ort in Japan wirbt damit, man könne Mt. Fuji sehen. Allerdings immer mit dem Anhang: “Bei entsprechendem Wetter”.
2.: Der Regen hat so schnell natürlich nicht aufgehört.

Die Wanderung am ersten Tag war trotz Regen super schön. Durchgehend hatte man das Gefühl durch eine Fantasiewelt zu stapfen. Wir haben viele schöne Ecken gesehen. Manche Pilze und Pflanzen sahen aus, als hätte sich das jemand ausgedacht.

Pilz?

Dafür, dass die Tour nur 2 von 5 Sternen in Schwierigkeit hatte, mussten wir ziemlich viel Klettern. Teilweise gab es Ketten, oder provisorische Brücken ohne Geländer.

Wurzelweg

Nachmittags sind wir ca. 1 Kilometer vor dem Gipfel an einer Hütte mit Zeltplatz angekommen. Leider war die Hütte Corona-bedingt geschlossen. Und – fürs Zelten hat es einfach zu stark geregnet. Arnaud hatte allerdings zuvor bei GoogleMaps gesehen, dass es auf dem Gipfel eine kleine Notunterkunft gab, mit einem großen Vordach, worunter wir das Zelt stellen könnten. Wir haben unsere Kräfte gesammelt und sind den letzten Anstieg hoch.

Notunterkunft

Der Gipfel ist auf 2017 Metern. Wir sind bei 1090 gestartet. Waren 5 Stunden und 20 Minuten unterwegs. Haben 1220 Höhenmeter gemacht, plus 350 Meter Abstieg zwischendurch. Das Ganze ohne einen guten Schlaf, Im Dauerregen und nach 5 Stunden Anreise.

Wir sind quasi auf die Bank gefallen, die man auf dem Bild sieht. Wir haben so überlegt, ob man die Bank wegtragen müsste, damit das Zelt unter das Vordach passt, während mich die Neugier packte und ich an der Tür geschoben habe. Zu unserer Verwunderung konnte ich die Tür aufschieben. Dahinter war noch eine zweite Tür. Ich war unsicher, ob ich was verbotenes gemacht habe. Kein zurück möglich, also an der zweiten Tür geschoben.

Von innen schaute mich ein durchnässter Japaner an, der grade am Kochen war. Enormes Glück! Rein in die Hütte und das Lager aufschlagen.

Samstag war also sehr schön und anstrengend und vor Allem nass. Sonntag sollte die Sonne rauskommen mit etwa 30 Grad Hitze.

Der Holzboden war nur fast bequem. Nach ner Stunde Schlaf haben mich Stimmen vor der Hütte geweckt. Ich musste eh mal vor die Tür und hab mich mit einem Neuankömmling festgequatscht. Ein Amerika-Japaner aus Chicago. Haben uns über die Gegebenheiten der jeweiligen Touren ausgetauscht und er hat mich über die Unterschiede bei Onsens aufgeklärt.

Am nächsten Morgen wollten wir eigentlich den Sonnenaufgang vom Gipfel aus sehen. Der Wecker hat uns gegen 4:30 Uhr geweckt. Allerdings hat es sehr stark geregnet. Bestimmt der Rand der Wolke. Ein paar Minuten abgewartet. Gegen 5 Uhr hat es weniger geregnet, dass wir aufbrechen konnten.

Viel Abstieg und ein paar Aufstiege zu Gipfeln auf dem Weg nach Okutama.

Am zweiten Tag hatten wir deutlich mehr Regen als erwartet. Rechnung: (Vorhergesagt) 0 Regen < viel Regen (was wir hatten).

Die Aussicht und die Natur waren jedoch weiterhin unfassbar schön.

Aussicht in nass

Nachdem der Regen aber immer stärker wurden, sind wir zunehmend um die Gipfel herum, um möglichst schnell aus dem Nass zu kommen. Die Freude haben wir jedoch nicht verloren. Rückblickend irgendwie krass, dass wir uns nicht in die Haare bekommen haben. War ja doch ziemlich extrem und hätte mit dem Regen nervig sein können. Aber irgendwie – diese Natur in Japan ist wirklich schön und überall kann man irgendwas interessantes entdecken.

Nass

An Tag 2 waren wir gute 7 Stunden unterwegs. Am Ende haben wir knapp 23 Kilometer zurück gelegt. In Okutama haben wir noch ein Onsen besucht, um sauber zu werden und die Erfahrung noch mit zu nehmen. Quasi wie Sauna in nass.

Am Bahnhof hat uns noch ein Herkules begrüßt. So um halb 6 waren wir wieder in den Dorms.

Herkules

Wahnsinns Tour! Ich bin echt Glücklich, dass wir das durchgezogen haben. Japan kann neben Neon und Bunt und Stadtlärm eben auch sehr sehr sehr viel Grün! Oh und natürlich Regen – wobei es Gerüchte gibt, dass das halt an mir liegt.

13

So, das semester neigt sich dem Ende zu und in 13 Tagen steig ich wieder in ein Flugzeug. Ich bin vielleicht ein klein wenig zu tief in den Arbeitswahn gefallen und hab mir etwas viel vorgenommen, weswegen ich hier nichts mehr geschrieben habe. Ich wollte aber doch noch ein Update liefern, auch um ein paar Gedanken für mich zu dokumentieren.

Zuerst: Wieso bin ich hier in diesen Arbeitswahn gefallen.

Nachdem Corona bedingt das Semester nach hinten geschoben wurde habe ich für die ersten Monate nach einem Projekt gesucht, was mich beschäftigen könnte. Das ganze hat ziemlich fahrt aufgenommen und als es dann hieß, dass der Japanischkurs (in den ich viel Energie stecken wollte) nicht stattfinden würde, habe ich mich für meine Zwischenprüfung in Köln angemeldet. Von da an habe ich also parallel in Köln als auch an der Chiba U das semester bestritten. Die Prüfung in Köln hab ich inzwischen absolviert und hier ist nur noch eine Präsentation am 31.7. fällig.

Für die Prüfung in Köln habe ich eine künstliche Intelligenz trainiert, wie sans serif Schriften auszusehen haben. Die daraus gewonnenen Module können, wenn sie mit einer Form als Input gefüttert werden, Buchstaben generieren, die Eigenschaften dieses Inputs innehalten. Das ganze ist ziemlich umfangreich geworden und wir wollten das auch noch publizieren. Ich hab also angefangen das ganze als Paper zu verfassen. Das wird jetzt noch korrekturgelesen und bestimmt noch überarbeitet, aber dann schicken wir das (hoffentlich Ende der Woche) an die Japanese Society for the Science of Design.

One OK Font

Dieses Set aus Zeichen wurde komplett von einem Computer generiert.

Regenzeit

Glücklicher weise hat es die letzten 10 Wochen auch komplett durchgeregnet, wodurch ohnehin nichts anderes als im Labor hocken möglich gewesen wäre.

Rainseason

Unser Plan, um die Tokyo Bay mit dem Rad zu fahren war Wetterbedingt leider nicht möglich. Es sieht auch nicht so aus, als wäre das in den letzten Tagen noch möglich. Auch, da Arnauds Rad kaputt ist und ja –

Hisa, die am selben Tag Geburtstag hat wie ich, meinte zu mir, es hätte an ihrem Geburtstag noch nie geregnet. Das konnte ich definitiv nicht erwidern. Und Ja – es hat geregnet!

An unserem Geburtstag haben wir allerdings trotz Wetter und Corona versucht das Beste zu machen. Nachmittags gabs Kuchen im Labor, wo glücklicher Weise keine mexikanischen Traditionen eingefordert wurden. Und abends haben wir uns im Izakaya auf Nomihodai, also All you can Drink getroffen. Anschließend hielten wir es für eine gute Idee ins Karaoke zu gehen. Hals noch nicht voll, also dachten wir man könnte ja noch ins Meer springen. Der Strand war allerdings Wellen bedingt sehr zu gemüllt, was die Stimmung gedrückt hat.

Black Tokyo Bay

Etwas Japan

Wenns mal nicht zu stark geregnet hat, haben wir jedoch zumindest versucht etwas vom Land zu sehen. Und neben diesem Tokio gibt es (absurder Weise) ganz schön viel Natur.

Mt. Takao

Am Fuße des Takao-San

Zum Beispiel sind wir zum Mount Takao gefahren. Der steht in Reiseführern als Attraktion drin. Wir sind also da hoch und waren leicht enttäuscht, dass die Tour etwas zu touristisch war und wir uns mehr Natur erhofft hatten. Von dort aus haben wir auf der Karte allerdings ein paar Wanderwege gefunden, die attraktiv aussahen. – Haben dann noch ein paar weitere Hügel abgeklappert.

Auf dem Weg haben wir viele viele interessante kleine Dinge entdeckt.

Mantis

Der Pfad wurde teilweise sehr abenteuerlich. Teilweise hatte man das Gefühl, das hier seit Jahren niemand mehr lang gegangen ist.
Und das Ganze nur ein paar Stationen von Tokio entfernt.

Suchbild: Wanderweg

Nach 27 Kilometern waren wir super glücklich, dass wir ein wenig Japanische Natur beschnuppern konnten. Wir sind in Sagamihara aus dem Busch gekrabbelt. Eine niedliche Kleinstadt, die, wie sich grade rausstellt, über 800.000 Einwohner hat.

Sagamihara

Kamakura

Letzte Woche sind wir mit den Italienerinnen nach Kamakura gefahren um ein paar Tourismus Dinge abzuhaken. Ist auch mal schön sowas.

In Kamakura hatte ich meine Kamera dabei und hab die meisten Bilder damit geschossen. Leider habe ich aktuell kein Lightroom, weswegen ich hier nur ein paar Handyaufnahmen zeigen kann.
Kamakura hatte wirklich schöne Stellen. Wir waren alle nur etwas müde und erschöpft. Man hätte dort bestimmt noch mehr sehen können.

Generell:

Also: Wir versuchen hier das Beste aus der aktuellen Lage zu machen. Natürlich hocken wir viel im Labor über den Tastaturen und arbeiten fleißig, allerdings versuchen wir so viel Japan wie möglich zu schnuppern.

Und: Auch wenn wir nicht sehr viel Tourismus betreiben konnten, denke ich doch, dass wir einen ziemlich tiefen Einblick in die Kultur bekommen haben. Zumindest den japanischen Regen kenne ich jetzt.

Japanisch habe ich leider nicht lernen können. Das hab ich auf Grund der Prüfung in Köln versäumt. Wobei – man wird besser im Alltag. Man versteht häufig was gemeint ist und viele Dinge wiederholen sich. Z.B. fragen alle alle und immer immer nach Punktekarten – in etwa Pointocardo.

So – Das sollte als Lebenszeichen genügen. Ganz vielleicht schaffe ich es in den kommenden Tagen noch Gedanken zu ergänzen. Sonst freu ich mich auch schon auf die Heimat.